Obrázky na stránke
PDF
ePub

behaupten läßt, daß sie solches nicht getban haben. Nach Kant ift tie Religion die Erkenntniß unserer Pflichten als göttlicher Ges bote. Darnach wäre die Religion nach ihrem Inhalte nichts weiter als Moral, und ihrer Form nach ein bloßes Wissen, was Niemand zugeben kann. Wenn Fichte die Religion in den Gedanken segt, wodurch wir mit dem Ewigen, Unveränderlichen Eins werden, so nähert er sich schon mehr dem wahren Begriffe der Religion, faßt aber doch das Erkennen als das Hauptsächlichste, ja das Wesentliche darin, was wir nicht einräumen dürfen. Auch Schelling hat die Religion zu sehr als Denken erfaßt; eben so Hegel. Nach Hemsterhuis, dem sogenannten batavischen Plato, ist die Religion das Resultat der Thätigkeit des von ihm so genannten moralischen Organs im Menschen in seinem Verbält niß zu Gott, und darnach die Irreligiosität nur die Erscheinung oder Folge der Schwäche dieses Organs. Daß dieser Bestimmung alle Bestimmtheit abgeht, und diese Dunkelheit nicht von der Tiefe herrührt, braucht nicht bewiesen zu werden. Schleiermacher läßt die Religion in dem Abhängigkeitsgefühl bestehen. Es leuchtet aber ein, wie diese Bestimmung zu unbestimmt ist, wie darin eine absolute Passivität statuirt, die Welt mit ihren Gesezen und unsere Noth zum Object der Religion gemacht, das Moment der Freiheit, der göttlichen sowohl als unserer eigenen, verläugnet oder verkannt, wie darnach, mit Hegel in seiner Derbheit zu reden, das durch sein Abhängigkeitsgefühl vor allen ausgezeichnete Hausthier das religiöseste Wesen seyn würde. Ja, er hätte noch sagen können, daß alsdann der Teufel das religiöseste Wesen seyn würde, da in ihm dieses Abhängigkeitsgefühl am stärksten potens zirt seyn muß. Nach Mynster ist die Religion das Gefühl unbegrenzter Ehrfurcht, was allerdings eine Emendation der Schleiermacherischen Definition ist; aber warum nicht die Ehrfurcht, sondern grade Gefühl der Ehrfurcht segen? Und ist mit Ehrfurcht wohl das ganze Wesen der Religion erschöpft? Uns will's nicht so scheinen. Am besten wird die Religion wohl bestimmt als Gottes und der Creatur näher des Menschen, Wechselvereinigung. Vereinigung soll die besondere Natur und Absicht des hier in Betracht stehenden Verhältnisses aussprechen; in Wechselver

einigung ist die Lebendigkeit, freie Selbstthätigkeit des Menschen mitanerkannt; des Menschen steht, um den ganzen und reinen Menschenbegriff mit allen seinen Kräften als Terminus, zu dem Gett, und der mit Gott in Gemeinschaft kömmt, zu bezeichnen, gegen jede Abstraction und einseitige Auffassung der Religion entweder als bloßes Erkennen oder aber als bloßes Thun einzuspre= den. Denn die Religion ist eine Vereinigung Gottes als der Bahrheit mit dem Menschen als erkennenden, Gottes als der Güte mit dem Menschen als wollenden, Gottes als der Weisheit, Hei ligkeit und Macht mit dem Menschen als nach Innen und Außen thätigen, und dies zur Bezeugung der göttlichen, absoluten, und zur Erzeugung der menschlichen, relativen Vollkommenheit. Die Vereinigung als Allen dargeboten und von Allen geforderte ist objective, und wie sie in den Einzelnen sich verwirklicht hat, subjective Religion; wie sie im Innern sich zu verwirklichen oder verwirklicht hat, innere, und wie sie nach Außen sich zu reflectiren oder reflectirt hat, äußere Religion. Die tiefere Gründung und höhere Entwickelung der Religion im Menschen, deffen Fertigkeit, Gewohnheit 1) in der Religion ist Religiosität.

Wenn bloßes Wissen den Mathematiker, Historiker macht, diesem seine Eigenschaft zu vindiciren hinreicht, so ist aus dem vorher Entwickelten offenbar, daß es mit dem Religiösen anders der Fall sev. Ist der Begriff des Weisen und Tugendhaften 2) durch bloßes Wissen nicht verwirklicht, so noch weniger der Begriff des (wahrhaft) Religiösen, des Weisen und Tugendhaften per eminentiam. Wenn bloße Erkenntniß die Religiosität machte, so müßte der Satan für eines der religiösesten Wesen gehalten werden. So

1) Der Ausdruck Gewohnheit könnte sonderbar scheinen; aber auch nur sheinen. Dem Neuling in einer Sache ist dieselbe ungewohnt. Gewohnheit macht den Helden, Künstler, Philofophen, den Mann und Meister. Zabalt und Form der wahren Gewohnheit ist Freiheit, sie ist frei geschaffene andere Natur. Gewohnheit ist so zu sagen Einheit des Subjects mit dem Object. Vergl. die treffenden Bemerkungen Hegels in seiner Encyclopädie S. 432.

2) Die Behauptung des Sokrates, die Tugend sey ein Wissen, von Ariftoteles widerlegt. Magn. moral. I, 1.

ist auch Religiosität nach dem Oben Entwickelten durch kein bloßes Thun constituirt, sonst könnte auch der Ungläubigste der Religiöseste seyn, und würde der Abergläubigste, der Aeußerliches zu Aeußerlichem häuft, damit den Gipfel der Religiosität bezeichnen. Die innerste Gesinnung ists, worauf es ankömmt, wodurch das Denken und Handeln ein religiöses oder irreligiöses ist. Es gibt eine religiöse Betrachtung und Behandlung des Weltlichen, und eine irreligiöse Betrachtung und Behandlung des Göttlichen. Der Religiosität opponirt wie einerseits die Irreligiosität (Atheismus, Unglaube), so andererseits die Superstition'), welche eine leere Meinung und Praris für das einzig wahre und wesentliche hält, und der Fanatismus2), welcher in falscher Weise für die Religion eifert. Uebrigens gibt es auch eine Superstition und einen und zwar recht großen Fanatismus der Irreligiosität.

§. 2. Urheber der Religion.

Die Religion entspringt nicht aus äußeren zufälligen Ursachen, wird nicht durch menschliche Willkür gemacht. Gewaltige Naturereignisse wecken nur die Religion, erzeugen sie nicht. Religion enthält Liebe, welche nicht das Product des Schreckens ist. Die durch die Natur gespendeten Wohlthaten erzeugen gleichfalls die

1) Cicero. Qui totos dies precabantur et immolabant, ut sui sibi liberi superstites essent, superstitiosi sunt appellati, quod nomen postea latius patuit. Nat. deor. II, 28. Superstitio, in qua inest timor inanis deorum. Ibd. I, 42. Lact. heißt die superstitiosos, qui ut superstitem defunctorum memoriam colunt, aut parentibus suis superstites colebant imagines eorum domi tanquam deos penates. Inst. IV. 28. Festus heißt die superstitiosi, welche den herkömmlichen Gebräuchen neue hinzufügen, dagegen find religiosi, qui faciendarum, praetermittendarumque rerum divinarum secundum morem civitatis dilectum habent nec se superstitionibus implicant. Servius. Superstitio est timor superfluus et delirus, aut ab aniculis dicta superstitio, quae multis superstites per aetatem delirant, et stultae sunt, aut secundum Lucretium superstitio est superstantium rerum id est coelestium et divinarum, quae supernos stant, inanis et superfluus timor. ad. Virg. Aen. VIII. S. Forcellini h. v. 'E‡eλoSpnoncia Col. II, 23 deoidapovia Clem. strom. VII, 1. ïdiov dóqua Theod. in Col. II, 23.

2) Fanaticus, toll, rasend, die Ableitungen bei Forcellini h. v.

Religion nicht, fie erwecken sie nur. Religion ist keine Erfindung der Priester, deren Eristenz die Religion schon vorausseßt, kein Werk der Geseggeber, welche sich der bereits vorhandenen bedienen. Menschen können Religion gebrauchen, und mißbrauchen und verderben, oder auch wecken und cultiviren, aber nicht machen. Den Staat durch einen contrat social entstehen zu lassen, gilt für Unfinn, so aber die Religion in dem Menschengeschlecht einführen lanen, ist bei weitem abgeschmackter und verderblicher.

Die Religion im Menschen hat keinen andern Ursprung als Gott selbst. Wie der Mensch nicht aus sich hat überhaupt zu seyn, so noch weniger ein wahrhaft lebendiger, bewußter, und noch weniger ein mit Gott in Wechselbeziehung stehender zu seyn, wie aus der Transcendenz und Unendlichkeit Gottes von selbst erhellt. Nur wenn Gott sich zur Creatur herabläßt und diese zu sich erhebt, ihrer Erkenntniß, ihrem Willen und Leben sich selbst mittheilt, und, wie er deren Gegenstand, Ziel und Ende ist, so auch deren Grundkraft wird, nur dann ist diese Wechselbeziehung möglich; anders wäre, wie schon bemerkt, seine Unendlichkeit und Unbedingtheit, damit fein Begriff aufgehoben. Wenn also in der Geschichte der Menschbeit sich thatsächlich findet, wie daß Gott Urheber der Religion ist, so finder sich auf dem Wege der denkenden Betrachtung auch, daß es anders nicht seyn kann. Demnach erhellt, wie streng genommen die Religion wesentlich positiv 1) ist, von einer natürlichen Religion die Rede nicht seyn kann, als nur inwiefern Gott dieselbe für tie Natur und in und gemäß der Natur des Menschen von Anfang gesezt hat, und dieselbe, die Religion nämlich, fortwährend nach und mit der Natur, und die Natur nach und mit der Religion ent= wickelt, wozu noch die Bemerkung zu fügen, daß nach der wahren Betrachtungsweise die göttliche Position die wahre Natur der Dinge macht und ist, das Positive als das Natürliche im edelsten Einne des Wortes zu erfaffen ist. Die erste Anlage und der Anfang der Religion ist das der Creatur ursprünglich eingepflanzte

1) Pofitiv bedeutet nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche das von Ausen Gefeßte, Genommene, im Gegensaß zu dem aus dem Innern fich felbft Entwickelnden. So spricht man von positivem Recht, positiven Kenntnissen.

Gottesbewußtseyn 1) und Bedürfniß 2), die weitere Entwickelung ist durch die Offenbarungsthätigkeit Gottes vermittelt, wie wir nachher des Weitern sehen werden.

Wie Gott als der erste und eigentliche Urheber der Religion zu betrachten ist, so muß andererseits auch festgehalten werden, daß die Creatur zur Verwirklichung der Religion in ihr mitthätig seyn soll und kann, wie an sich evident und in dem Worte Wechselbeziehung schon mit ausgesprochen ist; auch kann die Mangelhaftigkeit der Religion im Menschengeschlechte allein hieraus erflärt werden.

Wenn darnach gefragt wird, durch welches Vermögen oder welche Thätigkeit des Menschen die Religion in demselben hauptsächlich entsteht und besteht, so muß auf das Gefühl, oder wenn man es so nennen will, das lebendige Bewußtseyn, oder es concret und symbolisch zu bezeichnen, auf das Herz 3) hingewiesen werden. Das Gefühl ist unser eigenstes, subjectivstes, die innerste, lebendigste Mitte unsers Ich, unser reinstes, vollstes Selbst. In ihm ist der Anfang und Quell alles Lebens nach Innen und Außen, hier der Centralpunct, wo das Acußere und Innere sich begegnet

1) Sir. I, 16. Initium sapientiae timor domini, et cum fidelibus in vulva concreatus est. Tert. Animae a primordio conscientia dei dos est. adv. Marc. I, 10. O testimonium animae naturaliter christianae, Apol. XVII. Cyr. (?) Η γνώσις τοῦ εἶναι θεὸν φυσικῶς ἡμῖν ἐγκατέσπαρται. Trin. I, 2. Hier. Absque notitia creatoris sui omnis homo pecus. Epl. ad. Heliod. de morte Nepot.

2) Aug. Fecisti nos ad te, et irrequietum est cor nostrum, donec requiescat in te. Confess. I, 1.

3) Act. XVI, 14. Rom. X, 9. 10. Heb. III. 12. VIII, 10. X, 16. Jerem. XXXI, 31 sq. (cfr. Prov. IV, 23.) Hil. Corde enim per fidem patente et per desiderium ad hauriendum hiante, intelligentia doctrinae coelestis accipitur. Non animae hoc, sed cordis officium est. Apostolus enim ait: animalis homo non percipit ea, quae sunt spiritus; stultitia enim est ei, ut idem doctor gentium ait: lex enim non in tabulis lapideis scripta, sed in tabulis cordis carnalibus. In Ps. XCVIII. lit. XVII. n. 5. Orig. Μέσος ὑμῶν ἑστὼς τῷ τοῦ παντὸς σώματος ἐν μέσῳ εἶναι τὸ ἡγεμο νικὸν ἀποδείκνυται κατὰ τὰς γραφὰς ἐν τῇ καρδίᾳ τυγχάνον. In Joan. T. VI. n. 22. cfr. in Psalm. XXXVI. Hom. II. n. 4.

« PredošláPokračovať »