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Principien der Moral und der Beschaffenheit des Lebens mit Nothwendigkeit ergibt, so findet sich bei einer genauen Betrachtung des öffentlichen und Privatlebens in der Heidenwelt wirklich eine Verderbenbeit, die jede Vorstellung übersteigt1), eine Infamie und eine Monstrosität der Unzucht, deren Mysterien zu enthüllen wir hier billig Anstand nehmen müssen.

Wenn aber zugestanden wird, daß die Menge, das Volk als solches, die Wahrheit zu finden und zur Weisheit sich selbst emporzuschwingen, nicht im Stande ist, so fragt sich weiter, ob nicht einzelne erhabner gestellte und reicher begabte Geister, welche der Wissenschaft und Weisheit eigens obzuliegen berufen sind, als die Freunde und Führer des Menschengeschlechts sich desselben annehmen und die Ergebnisse ihrer Anstrengungen und Nachtwachen, die Früchte ihrer tiefen Betrachtungen als ein köstliches Gemeingut zur Benügung mittheilen konnten; ob nicht die Philosophie der Welt Licht und Heil zu bringen im Stande war? und da muß jeder, welcher die Geschichte der Philosophie kennt, in Beziehung auf die ältern Meister und Schulen eingestehen, daß es ihnen zur Rettung des Menschengeschlechts auch an Allem gebrach, am Willen, wie an Macht. Sie hatten keine Stellung zum Leben und zum Menschengeschlecht und wollten keine haben, ihre Weisheit sollte nur auf ihre wenigen Eingeweihte sich vererben, dem Volke unzugänglich bleiben. Das von der Philosophie verschmähte Volk vergalt ihr hinwiederum mit Haß und Verachtung. Aber auch nicht auf einige Wenige konnte die Philosophie einen lebendigen Einfluß üben. Dazu fehlte es den Meistern zu sehr an wirklicher Ueberzeugung, an Einigkeit mit sich selbst und mit andern Meistern, an der erforderlichen Auctorität, an einer - jeden Zweifel ausschließenden, zum lebendigen Handeln treibenden Sanction, an der Kraft, welche sie mit ihren Geboten ihren Anhängern hätten mittheilen müssen. Und gab es wohl einen Unsinn, welchen nicht einer von diesen Meistern vorzubringen im Stande gewesen

1) Rom. I. Clem. coh. Tholuck in Neander's Denkwürdigkeiten. Tb. I. Stolberg dreifacher Charakter des Gößendienstes in der Geschichte der Religion J. Ch.

wäre1)? Von den Spätern, welche außer der Offenbarung Weisheit gesucht, gilt was von den Aeltern: die Aerzte liegen selber krank, die Gesezgeber können sich selbst nicht regieren, und die Führer sind in der Irre und im Streite über den Weg. Wem soll die Menschheit folgen? Wie viele ganz unbedeutende, nichtswürdige und verkehrte Wesen bieten sich, je verkehrter, desto zudringlicher, als Führer dar? Gibt es etwas so Abgeschmacktes, daß es nicht von diesen, von welchen das Heil der Menschheit bedingt seyn soll, behauptet worden wäre oder noch behauptet werden möchte? Wie viele sind hier mit dem willkürlichsten Dogmatismus aufgetreten, wie Viele dort in den schaudervollsten Scepticismus oder aber in einen ohnmächtigen, eben so wenig constituirenden und regulirenden, als constituirten und regulirten Kriticismus gerathen? Und ist bis auf den Tag von der aus und für sich Etwas seyn wollenden Menschenweisheit noch kein die unendliche Entzweiung zu beheben, der Anarchie des Meinens und Sinnens zu steuern vermögendes Mittel aufgefunden, auch keine Hoffnung und Aussicht, dasselbe irgendwie aufzufinden. Ja, ist die Menschenweisheit doch selbst dessen geständig, daß sie noch lange nicht zum Abschluß gekommen ist, und auch noch lange nicht dazu kommen wird. Darum pflanzt sie sich auch nur auf dem Katheder fort, und ist ein Stück der Gelehrsamkeit, für das Leben ohne Bedeutung. Gesezt aber, sie hätten Wahrheit gefunden, wie wollten sie derselben durch allgemeine Anerkennung den Charakter der Objectivität, des reinen und absoluten Gedankens, wovon sie so viel reden, verleihen? Wie könnte die Allgemeinheit, selbst wenn das Nothwelsch aus der Sprache verschwunden wäre, sich dieselbe gründlich aneignen, wie sich versichern, daß ihr die Wahrheit ganz und rein geboten werde? Und hier kehrt das von dem kräftigen, recht entwickelten Verstande und Gemüthe, von dem langen, schweren, ungewissen Wege Gesagte wiederum zurück. Und geseßt, auch dieses wäre, das Volk könnte sich die von Andern zu Tage geförderte Weisheit wirklich aneignen, wo bliebe die ihren Ideen nothwendige Sanction, der höhere Charakter der

1) Cic. Nihil tam absurde dici potest, quod non dicatur ab aliquo philosophorum. De divin. II, 88.

Heiligkeit? Könnten und möchten ihre Urheber wohl durch ihre Beweise und durch ihr Leben sie damit umgeben? Und wo wäre dann wieder die Kraft, deren die Menschen zur Vollbringung der Wahrheit bedürften? Oder soll der Schwäche und dem Widerfreite, womit unsere Natur behaftet ist, wohl durch die Unmacht der Ariome und kategorischen Imperative mit all den Redensarten von Begriff und Idee abgeholfen werden?

Und zulegt, wie sollte der Bezug zu Gott zu Stande kommen? Wer kann unser Erkennen, Wollen, Leben zu ihm in Bezug bringen, wenn Er selbst es nicht thut? Wer anders, als er selbst, kann uns in Wahrheit und mit Gewißheit zeigen, was er ist und will, was wir zu hoffen und zu leisten, auf welche Weise wir seine Gnade zu bewahren, die verlorne wieder zu gewinnen haben? Wer anders, als er selbst, kann uns die Kraft geben, das in Bezug auf ibn klar und gewiß Erkannte auch kräftig zu wollen, wer den Handlungen die Energie höhern Lebens, die Form der Heiligkeit und seiner Wohlgefälligkeit verleihen, ewige Belohnung verheißen, uns die Hoffnung, ohne die fein Leben und Streben, keine Weisbeit ist, einflößen? Womit wir den vorhin entwickelten empirischen Beweis von der Nothwendigkeit einer Offenbarung speculativ ergänzt und absolvirt zu haben glauben.

Anmerkung. Die Offenbarung soll nach den Kantianern das Sittengeseß schüßen, heiligen, und umgekehrt stellen sie dann wieder das Sittengeseg oben an, lassen die Offenbarung von ihm geschüßt und geheiligt werden. Aus dem Sittengeseß entwickeln sie die Idee und Eristenz Gottes, das Sittengesez ist ihnen also gewisser, und dann soll wieder Gott das Sittengeset wahren und schüßen, gewiß machen und halten. Maaß und Kriterion der Offenbarung soll das Sittengeseß seyn, und die Offenbarung hinwiederum die authentische Dollmetscherin und die nothwendige Gewährleisterin des Sittengefeßes. Gibt es einen fehlerhaftern Zirkel als diesen; gibt es eine Unanständigkeit gleich dieser, Gott mit seiner Offenbarung unter den Menschen mit seiner sogenannten praktischen Vernunft zu degradiren? Derselbe Widerspruch wiederholt fich bei denen, welche die Offenbarung der theoretischen Vernunft dienen lassen. Steht die Vernunft höher, so hat die Offen

barung ihr nichts zu gebieten, steht die Offenbarung höher, so hat die Vernunft sie nicht zu richten, deren Maaß und Grenze festzusegen.

Von mehren protestantischen Theologen wird nach deren cons fessionellem Standpunct die Nothwendigkeit der Offenbarung aus dem Erlösungsbedürfniß dargethan; das ist eine Einseitigkeit. Nicht bloß für den Menschen als gefallenen, sondern auch für ihn als endlichen ist eine Offenbarung nothwendig.

§. 4. Nothwendigkeit und Weise die Wirklichkeit und den Inhalt der Offenbarung zu erkennen.

Bei Annahme der Möglichkeit der Offenbarung dürfte Niemand sich's erlassen, von ihr nähere Kenntniß zu nehmen, um so weniger also, wenn eine Nothwendigkeit derselben anerkannt werden muß. Auch derjenige, welcher die Meinung hegte, für ihn und andere gleich hoch gestellte Geister sey die Offenbarung nicht wie für die sämmtlichen Andern vom ersten Bedürfniß, dürfte es deshalb nicht für vernünftig und recht halten, ihren Inhalt zu ignoriren, weil für jeden Weisen und Tugendhaften eine Offenbarung an die Menschheit eine zu große und erhabene Begebenheit ist, an ihrem Inhalte der respective Grad der Bildung zu bewähren, über die Resultate der Forschungen die nothwendige Probe zu machen, für die Vollständigkeit und Reinheit der Erkenntniß die nothwendige Gewährschaft und Gewißheit, für die ethischen Grundsäße die höhere Sanction zu suchen ist, endlich weil eben aus der Offenbarung dieses selbst, ob sie für gewisse Bildungsstufen nur, oder aber für alle ohne Ausnahme Gültigkeit und Bedeutung anspricht, ersehen werden muß, damit man nicht aus verschuldeter Unkenntniß den Willen Gottes unerfüllt lasse. Wie nothwendig es ist, der Thatsache und dem Inhalte der Offenbarung nachzuforschen, so nothwendig ist es auch, denselben in rechter Weise nachzuforschen, ihre Erkenntniß auf dem Wege zu suchen, auf welchem allein dazu zu kommen ist, nämlich auf dem historischen. Da die Offenbarung eine Thatsache, eine ihrer Substanz und Weise nach bei Gottes Machtvollkommenheit und freier Gnädigkeit stehende Thatsache ist, so liegt die Verkehrtheit eines apriorischen Verfahrens klar am Tage. Wie die Offenbarungsthatsache, so ist auch der Offenba

rungsinbalt, als eben zu dieser Thatsache gehöriger, auf dem hiftorichen Wege zu erkennen, und das Ganze in seiner Concretheit mit all seinen Theilen und Momenten anzunehmen. Wie außerordentlich uns nun dieser Inhalt der Offenbarung ganz oder zum Theil vorkommen möchte, so ist durch die historisch erkannte factische Wirklichkeit die Frage nach der Möglichkeit zum Voraus schon mit Gewißheit entschieden, der Verdacht der Irrationalität von vorne herein widerlegt 1). Es wird aber, das kann nicht fehlen, der Inhalt der Offenbarung, als lebendiger 2) von dem lebendigen Geiste aufgenommen, seine innere Wahrheit und Güte immer mehr aufschließen, in die Form des Begriffs sich gestalten, oder als unabweisliche Idee sich erzeigen, aus der Tiefe der menschlichen Natur feine Ahnung erwecken und als Erfüllung eines wesentlichen Bedürfnisses unseres innerlichen und äußerlichen Lebens sich kund geben, das auch um so früher, leichter und stärker, je nach der tiefern Anlage und der höhern Entwickelung eines Jeden. Und wenn von den Dogmen eines oder das andere keine solche der menschlichen Natur sich näher anschmiegende, tiefer und leichter eingängliche Seite zeigte, 1) so hätte es in dem nothwendigen Zusammenhange mit den übrigen Dogmen, welche die erwähnten Qualitäten haben, schon für unsere Erkenntniß eine vollkommen hinreichende Vermitte= lung, so müßten wir uns 2) weiter auf die kommende Zeit vertrösten, und eben in dieser Unaufgeschlossenheit so manches Göttlichen für unsern Geist, und unseres Geistes für so manches Göttliche eine sichere Gewährleistung für die Gewißheit einer herrlichen Zukunft voll Offenbarung und Erkenntniß finden, die Tiefe und Un

1) Des Cartes. Surtout nous tiendrons pour regle infaillible que ce que dieu a revélé est incomparablement plus certain, que tout le reste: à fin que si quelque étincelle de raison semblait nous suggerer quelque chose au contraire, nous soyons toujours prêts à ce qui vient de sa part. Princ. de la philos. P. 1. n. 76. Das gläubige Element im Vater der neuern Philofophie hat man so ziemlich übersehen und liegen laffen, dafür aber vas sceptische und idealistische recht cultivirt.

2) Raim. Sabund. Verba enim dei procedunt et exeunt de corde dei et ideo portant cor dei et intentionem et voluptatem dei, et intrant in cor hominis. Sed creaturae exeunt de nihilo. Theol. Natur. tract. 204.

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