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irgend einer Beziehung ein anderer werden zu können. Ohne mich hier in eine eigentliche Begründung dieser Definition einzulassen Niemand, glaube ich, wird die Begründung verlangen, da die Definition keine Bestreiter finden wird bemerke ich blos, daß auch Liebermann die Unveränderlichs feit Gottes so auffaßt, wenn er sagt: "Gott kann sich nicht åndern in Rücksicht seines Wesens, weil er mit Nothe wendigkeit alles das ist, was er ist, noch hinsichtlich der Zeit, weil er ewig ist, noch in Ansehung des Raumes, weil er unermeßlich ist, noch in Betreff seiner Hands lungen und Beschlüsse, weil das mit der höchsten Vollkommenheit nicht bestehen kann. Denn jede Veränderung der Entschlüsse begreift eine Unvollkommenheit in sich, da es ein Zeichen von Leichtsinn und Unbeständigkeit ist, einmal gefaßte Beschlüsse ohne neuen Beweggrund zu widerrufen, ein neuer Beweggrund aber demjenigen sich nicht ergeben kann, der von Ewigkeit her Alles weiß." Wir müsfen daher auf die von den Scotiften beliebte Art der Vereinbarung der Freiheit Gottes mit seiner Unveränderlichkeit Berzicht leisten.

Sofort mit einer neuen Vereinbarungstheorie hier aufzutreten, kann und darf unsere Absicht nicht sein. Das Nächste, was wir zu thun haben, ist dieses: daß wir uns die etwaigen Gründe des anscheinenden Widerspruches zwischen der Freiheit und der Unveränderlichkeit Gottes klar und bestimmt zum Bewußtsein bringen. Zu dem Ende bes darf es offenbar einer genauen Erklärung der einen wie der andern. Denn wenn uns die einzelnen Merkmale, welche in den Begriffen Freiheit und Unveränderlichkeit lies gen, klar vor der Seele stehen, und wenn wir dann die auf der einen Seite befindlichen Merkmale mit den auf der an dern Seite liegenden vergleichen, so muß es uns ganz einleuchtend werden, ob und warum zwischen den beiden Bes griffen eine Disharmonie obzuwalten scheint. Die Unver ånderlichkeit Gottes habe ich bereits vollständig erklärt; sie besteht darin, daß Gott in durchaus keiner Bezie

hung ein anderer werben kann, daß er namentlich bei seinen Wollensakten von Ewigkeit bis in Ewigkeit vers harren muß. Was ist denn unter der Freiheit Gottes zu verstehen? Da hat sich uns eine Frage ergeben, in deren Beantwortung Theologen und Philosophen nach verschiedenen Richtungen auseinander gehen. Ich kann über dieselbe hierorts nur so Viel sagen, als für den gegenwärtigen Zweck nöthig ist. Wenn wir die Erörterungen, welche manche Theologen und Philosophen der Begriffsbestimmung der Frei heit gewidmet haben, scharf ansehen, dann wird es uns bis zur Evidenz klar, daß sie unter Freiheit im Allgemeinen das Vermögen verstehen, zu thun, was man wolle, d. h. unter einer Mehrheit von Objekten, 3 wek ken, Handlungsweisen nach Belieben oder nach Willkühr zu wählen, und unter der höchsten Freis heit das Vermögen, unter mehren Zwecken mit der unbeschränktesten Willkühr zu wählen. Wenn sie daher sagen, Gott habe z. B. die Erschaffung der Welt, die Erlösung der Menschen mit der größten Freis heit vollzogen, so verstehen sie Das nur in dem Sinne, daß Gott die Welt nicht zu erschaffen, die Menschen nicht zu erlösen brauchte - daß er die Welt auch ungeschaffen, die Menschen auch unerlöst håtte lassen können. Ist das denn nun wirklich Freiheit? Freiheit ist das allerdings, nämlich ein Freisein oder ein Lossein von den Objekten des Wollens, ein Nicht gebundensein an diese Objekte ein Zustand, worin man das Objekt thun und nicht thun, den Zweck verwirklichen und nicht verwirklichen kann. Achten wir wohl darauf, worein hier das Wesen der Freiheit geseßt wird; es ist darin gelegen, daß der Wollende von dem Objekte seines Wollens unabhängig, über dasselbe erhaben ist, nämlich in dem Sinne darüber erhaben ist, daß er es zum Gegenstande seines Wollens machen und nicht machen kann.

Bleiben wir bei dem aufgestellten Begriffe von Freiheit vorläufig stehen und fragen wir uns, ob nach demselben

vielleicht Grund vorhanden ist, die Freiheit für unvertrågs lich zu halten mit der Unveränderlichkeit. Dieser les tern zufolge bleibt Gott von Ewigkeit bis in Ewigkeit in allen Beziehungen der nåmliche, bleiben namentlich alle seine Wollensakte, alle seine Beschlüsse von Ewigkeit bis in Ewigkeit die nämlichen und müssen die nämlichen bleiben. Seiner Leben erklärten) Freiheit gemäß, die ihm offenbar in jedem einzelnen Augenblicke eignet, ist er jeden Augenblick, ist er von Ewigkeit bis in Ewigkeit über die Objekte seines Wollens erhaben, dergestalt, daß er sie jeden einzelnen Augenblick wollen und nicht wollen kann. Ist nun hier ein Anschein von Unverträglichkeit vorhanden? Ja, und zwar ein sehr starker, der zuleßt in wirkliche Unvers einbarkeit ausläuft. Als unveränderliches Wesen nåmlich muß Gott das, was er einmal will, von Ewigkeit bis in Ewigkeit wollen und kann es nicht auch nicht wollen; als freies Wesen muß er das, was er wirklich will, von Ewigkeit bis in Ewigkeit auch nicht wollen kön neu. Nach seiner Unveränderlichkeit also kann Gott das, was er will, nicht nicht-wollen, nach seiner Freis heit muß er es nicht-wollen können. Wie ließe sich das mit einander vereinbaren? Hier ist ja completter Widerspruch! Sofern Gott unveränderlich ist, muß er z. B. bei dem von Ewigkeit her gefaßten Rathschlusse der Welts erschaffung durch alle Ewigkeit hindurch verharren und ist es ihm nicht möglich, zu irgend einer Zeit die Welterschaffung nicht zu wollen. Nun ist Gott aber auch frei, und zwar, wie sich von selbst versteht, zu jeder Zeit frei, und das Wesen seiner Freiheit besteht (nach dem historisch vorgelegten Begriffe von Freiheit) darin, daß er das, was er will, auch nicht wollen kann. Sofern also Gott frei ist, muß er die Welterschaffung, die er von Ewigkeit bis in Ewigkeit will, von Ewigkeit bis in Ewigkeit auch nicht wollen können. Es ist ihm also in jedem Augenblicke einerseits unmöglich, die Welterschaffung nicht zu wollen, und andererseits nothwendig, sie

nicht wollen zu können. Der direkteste Gegensaß und darum die vollste Unvereinbarkeit !

Man denke und sage nicht, es sei unglaublich, daß ein solcher Begriff von der Freiheit Gottes, der dieselbe in den unauflöslichsten Widerspruch mit seiner Unveränderlichkeit verwickelt, jemals im Ernste von Theologen gegeben worden sei. Ich kann hierfür sogar Werke der neuesten Zeit als Zeugen citiren. Eben in einem solchen bin ich folgender Definition begegnet: Unter Freiheit des Willens versteht man das volle und ungehinderte Vermögen, sich selbst zu einer von zwei entgegengesetzten Handlungen nach freier Wahl zu bestimmen (potentia completa et expedita, se determinandi per clectionem ad utrumlibet ex duobus oppositis). Diese zwei entgegengeseßten Handlungen können aber einander contradictorisch (Liebe und Nicht-Liebe), contrår (Liebe und Haß) oder der Art nach (Studium und Gebet) entgegengesetzt sein, daher theilen die Scholastiker die Freis heit ein in die libertas contradictionis, in die libertas contrarietatis und in die libertas specificationis." Hier wird die Freiheit so deutlich und so ausdrücklich wie möglich als das Vermögen bezeichnet, zu einer von zwei entgegengeseßten Handlungen sich selbst nach freier Wahl zu bes stimmen, mithin als das Vermögen, unter zwei entgegens geseßten Handlungen frei, d. h. nach Belieben zu wählen von zwei (z. B. contradictorisch) entgegengeseßten Handlungen (z. B. Schaffen und Nichtschaffen) sowohl die eine als die andere zu wählen (die beigefügte lateinis sche Erklärung sagt mit dürren Worten: ad utrumlibet ex duobus oppositis per electionem se determinandi, d. h. zu jeder beliebigen der beiden entgegengeseßten Handlungen sich durch Wahl zu bestimmen), folglich als das Vermögen, eine und dieselbe Handlung zu thun und nicht zu thun (z. B. schaffen und nicht zu schaffen). Die Freiheit im Wollen erscheint sonach hier als ein Erhabensein des Wollenden über das Objekt seines Wollens in dem früher angegebenen Sinne, daß er nåmlich die

ses Objekt wollen und auch nicht wollen kann. In einem andern der Jehtzeit angehörigen Werke bin ich auf folgende Worte gestoßen: "Gott ist hinsichtlich desssen, was nicht sein eigenes Wesen ist, die unbedingt freie Aktualität, die Anderes seßen kann, wenn sie will. Er seßt das Freie das Seinkönnende mit Freiheit. Es ist aber in der Freiheit der göttlichen Wirksamkeit nach Außen eingeschlossen, daß Gott... den Weltgedanken vers wirklichen und auch nicht verwirklichen kann.“ Dieselbe Definition!

Aus dem Bisherigen geht unwiderleglich hervor, daß bei Zugrundelegung des angegebenen Begriffes von Freiheit die Freiheit Gottes wirklich mit seiner Unveränderlichkeit nicht vereinbart werden kann. Wohlgemerkt! das Ergebniß ist nicht dieses, daß wir blos nicht begriffen, nicht einsåhen, wie die beiden Attribute neben einander bestehen können; nein, wir sehen klar ein, daß sie gerade Entges gengesettes besagen, daß sie sich folglich auss schließen und aufheben. Wenn Liebermann sagt, daß nach Aller Eingeständniß die Vereinbarung der Freis heit Gottes mit seiner Unveränderlichkeit kaum möglich sei, so scheint er auch von dem obigen Begriffe der göttlis chen Freiheit ausgegangen zu sein.

Was nun? Sollen wir wirklich behaupten, die Freiheit und die Unveränderlichkeit Gottes könnten nicht zusammen bestehen? Das sei ferne! Weit eher soll das ausgespro chene Ergebniß die Definitionen, die wir an die Spize uns serer Erörterungen gestellt haben, in unsern Augen verdäch tigen und uns zu abermaliger sorgfältiger Reflerion auf dies selben auffordern. Dieser Aufforderung soll alsobald ents sprochen werden.

Die Unveränderlichkeit Gottes läßt nach dem Wortsinne und nach der Offenbarungslehre eine andere Erklärung, als die gegebene, nicht zu. Aber die Freiheit Gottes? Diese wird von andern Theologen und Philosos phen auf eine von der obigen abweichende Weise gedeutet,

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